Fahrverbot

Entbindung von der Pflicht zum Erscheinen in der Hauptverhandlung bei möglichem Fahrverbot

Oberlandesgericht Brandenburg

Az: 2 Ss (OWi) 5 B/07

Beschluss vom 15.06.2007



In der Bußgeldsache wegen Verkehrsordnungswidrigkeit hat der 2. Strafsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts als Senat für Bußgeldsachen durch den Richter am Oberlandesgericht als Einzelrichter am 15. Juni 2007 beschlossen:


Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Bad Liebenwerda vom 27. Oktober 2006 aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Amtsgericht Bad Liebenwerda zurückverwiesen.


Gründe:
Gegen den Betroffenen erging durch den Landkreis Elbe-Elster am 29. Mai 2006 wegen einer innerönlichen Geschwindigkeitsüberschreitung um 31 km/h am 23. Februar 2006 in Beutersitz ein Bußgeldbescheid über eine Geldbuße von 110,00 € sowie über die Verhängung eines Fahrverbotes von einem Monat. Auf seinen Einspruch hin beraumte das Amtsgericht einen Hauptverhandlungstermin auf den 27. Oktober 2006 an. Zu diesem Termin erschien der Betroffene nicht, weshalb das Amtsgericht seinen Einspruch gemäß 74 Abs. 2 OWiG durch das angefochtene Urteil verwarf.
Hiergegen richtet sich die in zulässiger Weise eingelegte und begründete Rechtsbeschwerde des Betroffenen, die er auf die mit näheren Ausführungen erhobene Rüge der Verletzung seines Rechts auf rechtliches Gehör stützt.


Die Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg hält das Rechtsmittel für begründet und beantragt die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung sowie die Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht zur erneuten Verhandlung und Entscheidung.


Die Rechtsbeschwerde ist statthaft und zulässig, sie hat auch in der Sache - zumindest vorläufig - Erfolg.


Der Betroffene hat in ausreichender Weise eine Verletzung des rechtlichen Gehörs dargetan. Die von ihm gerügte Verletzung der Voraussetzungen des 74 Abs. 2 OWiG kann mit der Verfahrensrüge zur Nachprüfung gestellt werden. Dies setzt voraus, dass nach 344 Abs. 2 StPO die Tatsachen vorgetragen werden, die das Ausbleiben des Betroffenen genügend entschuldigen oder die zeigen, dass die Voraussetzungen des 74 Abs. 2 OWiG sonst nicht gegeben waren. Wird ein Antrag des Betroffenen, ihm von der Pflicht zum Erscheinen in der Hauptverhandlung zu entbinden, zu Unrecht zurückgewiesen und ergeht darauf ein Verwerfungsurteil nach 74 Abs. 2 OWiG, liegt die Verletzung des rechtlichen Gehörs darin, dass das Gericht nicht in Abwesenheit des Betroffenen dessen Einlassung ohne Aussageverweigerung, auf die der Entbindungsantrag gestützt wird ( 73 Abs. 2 OWiG), zur Kenntnis genommen und bei seiner Entscheidung in der Sache erwogen, sondern mit einem Prozessurteil den Einspruch des Betroffenen verworfen hat. Der Betroffene hat ein Recht darauf, dass das Gericht seine Erklärungen - seine Einlassung oder seine Aussageverweigerung - zur Kenntnis nimmt und in seiner Abwesenheit in der Sache entscheidet, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen eines Abwesenheitsverfahrens erfüllt sind. Ob der Betroffene auf seinen Antrag hin von der Verpflichtung zum Erscheinen in der Hauptverhandlung zu entbinden ist, steht nicht im Ermessen des Gerichts; es hat vielmehr diesen Antrag zu entsprechen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen nach ~ 73 Abs. 2 OWiG erfüllt sind.


Die Generalstaatsanwaltschaft dazu unter anderem das Folgende ausgeführt:
"Der Betroffene hat sich schriftlich zur Sache eingelassen, seine Fahrereigenschaft eingeräumt und erklärt, dass er sich in der Hauptverhandlung über seinen Rechtsanwalt äußern wird. Es ist nicht ersichtlich, dass die Anwesenheit des Betroffenen zur Aufklärung wesentlicher Gesichtspunkte des Sachverhalts erforderlich gewesen wäre. Das Urteil, das - insoweit lückenhaft- den Entbindungsantrag nicht erwähnt, enthält keine Anhaltspunkte für die Erforderlichkeit der Anwesenheit des Betroffenen in der Hauptverhandlung. Die in dem ablehnenden Beschluss vom 19. Oktober 2006 mitgeteilte Erwägung, die Erforderlichkeit der Anwesenheit des Betroffenen sei deshalb notwendig gewesen, um die Verhältnismäßigkeit der Anordnung des Fahrverbots überprüfen zu können, greift nicht durch. Zum einen handelt es sich bei der Anordnung des Fahrverbotes in Fällen wie dem vorliegenden um die Regel, die nur in seltenen Fällen eine Ausnahme erfährt. Anhaltspunkte dafür, dass hier ein solcher Ausnahmefall gegeben sein soll, sind nicht ersichtlich, zumal solche Umstände auch von dem Verteidiger des Betroffenen hätten vorgetragen werden können. Bei dieser Sachlage hätte dem Antrag des Betroffenen auf Entbindung von der Pflicht zum persönlichen Erscheinen stattgegeben und unter Würdigung seiner Einlassung und der Erklärung seines Verteidigers in der Sache entschieden werden müssen."


Diesen zutreffenden Ausführungen schließt sich der Einzelrichter an und verweist nach Aufhebung des angefochtenen Beschlusses die Sache an das Amtsgericht Bad Liebenwerda zu Kick ( 79 Abs. 6 OWiG).

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