"Führen" eines Kraftfahrzeugs
"Führen" eines Kraftfahrzeugs
Der BGH (NJW 1962, 2069) führte insofern aus:
„Ein Fahrzeug führt im Sinne des § 316 StGB, wer selbst unmittelbar unter bestimmungsgemäßer Anwendung seiner Antriebskraft in eigener Allein- oder Mitverantwortung ein Fahrzeug in Bewegung setzt, um es unter Handhabung seiner technischen Vorrichtung während der Fahrbewegung durch einen öffentlichen Verkehrsraum ganz oder wenigstens zum Teil begleitet.“
§ 316 StGB will grundsätzlich schon die abstrakte Gefährdung eines Kraftfahrzeugs sanktionieren, welches im Verkehr geführt wird. Nur ein bewegtes Kraftfahrzeug strahlt diese abstrakte Gefährdung aus. In früherer Rechtssprechung wurde es bereits als ausreichend erachtet, wenn der Beschuldigte in seinem Auto saß und entsprechende Handlungen zur Vorbereitung zum Fahrtbeginn getroffen hatte. Dazu zählte z. B. bereits das Einführen des Zündschlüssels, das Lösen der Handbremse oder das Anlassen des Motors. Die neuere Rechtssprechung hat sich jedoch mittlerweile dahingehend geändert, dass von einem stehenden Fahrzeug keine abstrakte Gefahr im Sinne des § 316 StGB ausgehen kann, mit der Folge, dass diese Vorbereitungshandlung nicht nur unter den Anwendungsbereich des § 316 StGB fallen sollen.
Das Führen eines Kraftfahrzeugs setzt daher nach der neueren Rechtssprechung (BGH neue Zeitschrift für Verkehrsrecht 1980, 32 oder bayerisches Oberlandesgericht neue Zeitschrift für Verkehrsrecht 1992, Seite 197) voraus, dass der Beschuldigte das Fahrzeug bereits insoweit in Betrieb genommen hat, als dass er das Fahrzeug bereits in Bewegung gesetzt hat. Demnach ist es strafbar, sobald man das Fahrzeug z. B. in alkoholisiertem Zustand von seinem Grundstück auch nur einige Meter auf die Straße gelenkt hat.
Praxistipp:
Aus eigener anwaltlicher Erfahrung kann ich folgenden Fall berichten:
Ein Mandant kam zu mir in die Kanzlei, da ihm die Polizei wegen eines Verstoßes gem. § 316 StGB den Führerschein abgenommen hatte. Zu dem Vorfall kam es dadurch, dass bei einer Feier getrunken wurde und der Mandant sein Fahrzeug auf einem Privatparkplatz vor einem Haus geparkt hatte. Dabei hatte er jedoch die Fahrzeuge weiterer Partygäste blockiert. Als zu späterer Stunde andere Partygäste mit ihrem Fahrzeug die Party verlassen wollten, musste der Mandant sein Fahrzeug ein Stück wegfahren, um zu diesem Zweck nur kurz mit seinem Fahrzeug auf die Straße zurückzusetzen. Er hatte vor, danach wieder sein Auto in eine freie Parklücke zu manövrieren. Der Mandant hatte geplant, am Ort der Party zu übernachten. In dem Moment jedoch als er sein Fahrzeug auf die Straße gelenkt hatte, kam eine Polizeistreife zufällig vorbei, hielt ihn an und stellte den Alkoholkonsum während des Führens des Kraftfahrzeuges fest. Alle Beteuerungen, nur kurz auf die Straße gefahren zu sein, reichten nicht aus. Es wurde zwar nur eine geringe Geldstrafe festgesetzt. Der Führerschein des Mandanten wurde jedoch entzogen. Demnach ist für die Frage des § 316 StGB in keiner Weise maßgeblich, wie lang die Strecke gewesen ist, die der Beschuldigte mit seinem Kraftfahrzeug zurückgelegt hatte. Dies kann maximal für die Höhe der Geldstrafe bzw. für die Dauer der Fahrerlaubnissperrfrist eine Rolle spielen.