Nichtvornahme einer Fahrprobe beim TüV

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Urteil 4

Aufgrund der Nichtvornahme einer Fahrprobe beim TüV ist eine Entziehung der Fahrerlaubnis rechtmäßig.

VERWALTUNGSGERICHT GÖTTINGEN

Az.: 1 B 1128/00


BESCHLUSS

Streitgegenstand: Entziehung der Fahrerlaubnis hier: Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO

In der Verwaltungsrechtssache des Kaufmanns hat das Verwaltungsgericht Göttingen - 1. Kammer - am 11. August 2000 durch den Richter am Verwaltungsgericht Dr. Richtberg als Einzelrichter beschlossen:

Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 4.000,00 DM festgesetzt.

Gründe:

Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist zulässig, aber unbegründet.

Der Antragsgegner hat das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Bescheides in einer den Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO genügenden Weise begründet.

Die in materiell-rechtlicher Hinsicht im Rahmen der Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung geht zu Lasten des Antragstellers aus. Das öffentliche Interesse an der Gewährleistung der Verkehrssicherheit überwiegt das private Interesse des Antragstellers, von der sofortigen Vollziehung der angeordneten Fahrerlaubnisentziehung verschont zu bleiben.

Nach der ständigen Rechtsprechung des zuständigen Fachsenats des Nds. Oberverwaltungsgerichtes, der sich die Kammer angeschlossen hat, ist einem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO, der sich gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung einer Fahrerlaubnisentziehungsverfügung wendet, in aller Regel der Erfolg zu versagen, wenn sich in dem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ergibt, dass der Antragsteller in dem Verfahren zur Hauptsache voraussichtlich keinen Erfolg haben wird, was insbesondere dann der Fall ist, wenn die angegriffene Verfügung offensichtlich rechtmäßig ist (vgl. Nds. Oberverwaltungsgericht, Beschl. vom 11.05.1995, - 12 M 2648/95 - unter Hinweis auf den Beschl. v. 03.06.1993, - 12 M 2023/93 -).

Die angefochtene Entziehungsverfügung ist nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung offensichtlich nicht zu beanstanden. Die Verfügung des Antragsgegners vom 30.06.2000 findet ihre Rechtsgrundlage in den §§ 3 Abs. 1 StVG, 46 Abs. 1 Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV). Der Antragsgegner hat die der Entziehungsverfügung zugrundeliegende Annahme der mangelnden Eignung des

Antragstellers zum Führen von Kraftfahrzeugen zurecht damit begründet, dass der Antragsteller der Aufforderung vom 03.05.2000, sich beim TÜV Göttingen einer Fahrprobe zu unterziehen, nicht Folge geleistet hat. Denn weigert sich der Betroffene, eine von ihm zurecht geforderte Begutachtung durchzuführen und das betreffende Gutachten beizubringen, darf die Fahrerlaubnisbehörde hieraus auf die Nichteignung des Betroffenen schließen (vgl. §§ 46 Abs. 4 Satz 3, 11 Abs. 8 FeV).

Die Aufforderung vom 03.05.2000 an den Antragsteller, sich einer Fahrprobe durch einen amtlichen Prüfer des TÜV Göttingen zu unterziehen, beruht auf § 46 Abs. 4 Satz 2 FeV i.V.m. § 17 FeV und ist nicht zu beanstanden. Hiernach kann die Fahrerlaubnisbehörde bei konkreten Tatsachen für eine mangelnde Befähigung zum sicheren Führen von Kraftfahrzeugen die Absolvierung einer praktischen Fahrprüfung/Fahrprobe anordnen.

Soweit der Antragsteller diese Anordnung für rechtswidrig hält, weil er von einem anonymen Denunzianten, der möglicherweise mit der Polizei in Verbindung zu bringen sei, beim Antragsgegner angeschwärzt und dieser aufgrund von unsubstantiierten und sachlich unzutreffenden Anschuldigungen tätig geworden sei, so vermag das Gericht dem nicht zu folgen. Der Vermerk des Antragsgegners vom 26.04.2000 über ein Gespräch mit der Polizei enthält wohl keine genauen Angaben bzgl. einzelner Vorfälle, doch wurde dort angegeben, dass der Antragsteller sein Fahrzeug ganz offensichtlich nicht mehr sicher beherrsche und die Verkehrsregeln (insbesondere Vorfahrtsregeln) häufig missachte und deshalb dringend eine Überprüfung der Kraftfahreignung empfohlen werde. Angesichts dieser im Ergebnis klaren und eindeutigen polizeilichen Mitteilung bestand für den Antragsgegner keine Veranlassung, deren inhaltliche Richtigkeit in Zweifel zu ziehen und hier umfangreiche Recherchen über die konkrete Art und Weise und den Zeitpunkt der Auffälligkeiten des Antragstellers anzustellen.

Unabhängig davon haben sich diese konkreten Tatsachen für eine fehlende Befähigung des Antragstellers zum Führen von Kraftfahrzeugen im Verlaufe des Verwaltungsverfahrens nachdrücklich bestätigt und erhärtet. So hat der Antragsteller anlässlich eines Telefonats mit dem Antragsgegner am 09.05.2000 mitgeteilt, er habe sich schon einer Überprüfung durch den Fahrlehrer F. unterzogen, der keinerlei Beanstandungen festgestellt habe. Anlässlich dieses Gespräches fiel dem Mitarbeiter des Antragsgegners auf, dass der Antragsteller sehr schleppend sprach und mitunter lange nach einem Wort suchen musste. Obwohl der Antragsteller mit Schreiben vom 21.06.2000 mitgeteilt hatte, er werde umgehend eine Bescheinigung des Fahrlehrers F. über die Überprüfung seiner Fahrleistungen vorlegen, ist dies bis heute nicht geschehen. Vielmehr hat eine telefonische Nachfrage des Antragsgegners bei dem Fahrlehrer F. am 12.07.2000 ergeben (zahlreiche Versuche der Kontaktaufnahme waren in der Vergangenheit ergebnislos geblieben), dass dieser keinesfalls eine positive Bescheinigung über die Kraftfahreignung des Antragstellers ausstellen würde - dies könne er als Fahrlehrer nicht verantworten -, allenfalls eine negative. Offenkundig hat sich der Antragsteller an eine weitere Fahrschule wegen der Ableistung einer Fahrprüfung gewandt. Dies folgt aus einer telefonischen Nachfrage der betreffenden Fahrschule bei dem Antragsgegner am 04.07.2000, bis wann der Antragsteller die Prüfung abgelegt haben solle. Anlässlich dieser Nachfrage erhielt der Antragsgegner die Information, dass dem Antragsteller aufgrund einer durchgeführten Fahrstunde empfohlen worden sei, freiwillig auf die Fahrerlaubnis zu verzichten. Daraufhin habe der Antragsteller geantwortet, dass er sich gesund fühle und deshalb weiterfahren wolle. Für das Gericht besteht keinerlei Veranlassung, die Richtigkeit der vorgenannten Angaben und Feststellungen in Zweifel zu ziehen. Dies lässt zur Überzeugung des Gerichts nur den Schluss zu, dass der am 24.06.1909 geborene Antragsteller aufgrund altersbedingter Defizite nicht mehr befähigt ist, ein Fahrzeug sicher zu führen.

Soweit der Antragsteller rügt, der Antragsgegner habe ihn unzulässiger Weise durch nachträgliche Telefonate erst den Sachverhalt ermittelt und ihm insoweit kein rechtliches Gehör gewährt, so geht er hierin fehl. Rechtliches Gehör hat sich der Antragsteller nämlich im Verlaufe des gerichtlichen Verfahrens verschafft, indem er erneut Akteneinsicht in die Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners genommen hat. Im Übrigen könnte der Antragsteller mit seiner Gehörsrüge auch deshalb nicht durchdringen, weil eine entsprechende Anhörung noch im Verlaufe des nicht abgeschlossenen Verwaltungsverfahrens nach § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG nachgeholt werden könnte. Soweit es die Angriffe des Antragstellers gegen die Verwertbarkeit der nachträglich ermittelten bzw. bekannt gewordenen Umstände betrifft, so ist er zunächst darauf hinzuweisen, dass die Anordnung vom 03.05.2000, wie bereits dargelegt, durch die polizeiliche Mitteilung vom 26.04.2000 gerechtfertigt war. Die dem Antragsgegner am 09.05., 04.07. und 12.07.2000 bekannt gewordenen Umstände und Tatsachen sind zudem für das vorliegende Verfahren verwertbar. Hierbei handelt es sich um neue Tatsachen, die nicht nur die polizeiliche Mitteilung vom 26.04.2000 bestätigt haben, sondern von der Fahrerlaubnisbehörde im Rahmen der Schutzpflicht des Staates gegenüber allen Verkehrsteilnehmern auch in einem bereits laufenden Entziehungsverfahren zu beachten sind (vgl. insoweit zur Verwertbarkeit von gutachterlichen Feststellungen trotz einer gerügten rechtswidrigen Beibringensaufforderung: BVerwG, NZV 1996, 332). Von daher sind die vorliegenden Informationen von zwei sach- und fachkundigen Fahrlehrern durchaus geeignet, die Fahrerlaubnisentziehung selbständig zu tragen, ohne dass es noch auf die Rechtmäßigkeit der Anordnung vom 03.05.2000 ankäme.

Darüber hinaus hat der Antragsteller durch sein bisheriges Verhalten und seine grundlose Weigerung, die Fahrprobe zu absolvieren, die Annahme bestätigt, dass er vorliegende Eignungsmängel verbergen will. Hierin offenbart sich auch eine Uneinsichtigkeit des Antragstellers bezüglich seiner Verantwortung gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern.

Nach alledem ist es im Interesse des Straßenverkehrs geboten, den Antragsteller mit sofortiger Wirkung von der Teilnahme am motorisierten Straßenverkehr auszuschließen.

Private, berufliche und wirtschaftliche Konsequenzen der Fahrerlaubnisentziehung für den Antragsteller können insoweit keine Berücksichtigung finden. Dem Antragsteller ist daher dringend anzuraten, die geforderte Fahrprüfung umgehend durchführen zu lassen, um gegebenenfalls die Voraussetzungen für eine Wiedererlangung seiner Fahrerlaubnis zu schaffen.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 20 Abs. 3, 13 Abs. 1 Satz 1 GKG. In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des zuständigen Fachsenats des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts legt das Gericht bei einer Fahrerlaubnisentziehung der alten Klasse 3, wie sie hier in Streit steht, einen Wert von 8.000,00 DM zugrunde. Dieser Betrag ist im Hinblick auf den lediglich vorläufigen Charakter des gerichtlichen Eilverfahrens auf 4.000,00 DM zu halbieren.

Entzug der Fahrerlaubnis aufgrund eines Herzleidens ist möglich.

VERWALTUNGSGERICHT NEUSTADT AN DER WEINSTRASSE

Az.: 3 K 518/O1.NW

Verkündet am: 18. Juni 2001


In dem Verwaltungsrechtsstreit hat die 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 18. Juni 2001, für Recht erkannt:

1. Die Klage wird abgewiesen.


2. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die von der Beklagten verfügte Entziehung der Fahrerlaubnis.

Die am 17. Januar 1914 geborene Klägerin verursachte am 21.März 2000 als Fahrerin eines Pkw einen Verkehrsunfall, indem sie in an der Einmündung der Raiffeisenstraße in die Hauptstraße die Vorfahrt eines anderen Pkw missachtete, wodurch es zum Zusammenstoß kam. Bei der Aufnahme des Unfalls durch die Polizei gab die Klägerin die Vorfahrtsverletzung zu. Ausweislich der Unterlagen der Polizeiinspektion betreffend den Verkehrsunfall gab die Klägerin dazu an, sie habe die andere Frau nicht gesehen; wenn sie sie gesehen hätte, so wäre sie nicht herausgefahren.

Am 28. April 2000 teilte dann die Klägerin im Rahmen einer persönlichen Vorsprache bei der Polizeiinspektion Dahn mit, dass sie sich den Unfallhergang immer wieder durch den Kopf habe gehen lassen, und schilderte dann den Unfallhergang folgendermaßen: Sie sei bereits abgebogen gewesen und in Richtung gefahren und habe wegen Gegenverkehrs rechts hinter einem Fahrzeug anhalten müssen. Seitens der Polizeiinspektion wurde in dem Vermerk über das mit der Klägerin geführte Gespräch vom 28. April 2000 festgehalten, dass dieser von der Klägerin nunmehr geschilderte Unfallhergang aufgrund der vorgefundenen Spurenlage, insbesondere des Splitterfeldes, nicht möglich sei. Wie durch die Unfallgegnerin im Nachhinein der Polizei bekannt geworden sei, habe die Klägerin im letzten Jahr einen ähnlichen Unfall verursacht, indem sie ebenfalls die Vorfahrt missachtet habe. Auch damals habe sie zunächst ihr Fehlverhalten eingeräumt, dann aber im Nachhinein ihre Schuld abgestritten. Ebenfalls im letzten Jahr sei es zu einem weiteren Unfall mit Vorfahrtsverletzung durch die Klägerin gekommen.

Über eine Verwandte der Klägerin, Frau X aus Y sei bekannt geworden,. dass die Klägerin erst tags zuvor nach einem leichten Schlaganfall (Durchblutungsstörungen) aus dem Krankenhaus entlassen worden sei. Die Klägerin habe zeitweise "kleine Aussetzer", welche immer wieder vorkommen könnten.

Aufgrund dieses Sachverhalts übersandte die Polizeiinspektion den Vorfall dem Beklagten zwecks Prüfung, ob die Klägerin zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet sei.

Mit Schreiben vom 5. Mai 2000 wurde die Klägerin unter Bezugnahme auf den von der Polizeiinspektion vorgetragenen Sachverhalt unter Fristsetzung aufgefordert, ein amtsärztliches Gutachten vorzulegen.

Mit Schreiben vom 4. Juli 2000 teilte die Abteilung Gesundheitswesen des Beklagten mit, dass die Klägerin am 20. Juni 2000 zur Frage der Kraftfahreignung untersucht worden sei. Die Klägerin sei zum Zeitpunkt der Untersuchung für ihr Alter überdurchschnittlich orientiert und körperlich rüstig gewesen. Es habe allerdings eine erhebliche Sehschwäche bestanden, die für die Kraftfahreignung relevant sei. Eine Sehhilfe werde zum Fahren nicht getragen. Es werde daher eine augenärztliche Überprüfung dringend für erforderlich gehalten. Anhand der der Abteilung Gesundheitswesen vorliegenden Unterlagen und Arztberichten sei auch eine fachinternistische Untersuchung erforderlich. Sobald diese Untersuchungsergebnisse vorlägen, werde seitens der Abteilung Gesundheitswesen die Beurteilung der Kraftfahreignung abschließend erfolgen.

Die Klägerin unterzog sich daraufhin bei den Augenärzten und bei dem Internisten jeweils einer Untersuchung. Herr Dr. Betten führt in seiner ärztlichen Stellungnahme vom 24. August 2000 im Wesentlichen aus, ,dass die Klägerin einen örtlich und zeitlich vollorientierten Eindruck gemacht habe. Sie habe sich in einem für ihr Alter relativ guten Allgemeinzustand befunden; allerdings habe sich eine deutliche arrhythmische Herzaktion gefunden. Die im Langzeit EKG revizierten tachykarden Herzrhythmusstörungen stellten einen therapiebedürftigen Befund von Krankheitswert dar. Insbesondere könne die Tachycardie in Anbetracht des Alters ein erhebliches gesundheitliches Risiko darstellen. Die am 10.August 2000 erfolgte augenärztliche Untersuchung ergab ausweislich des Untersuchungsbefundes der , dass bei der Klägerin das Blendungs- und Dämmerungssehen etwas vermindert sei und nach Anbruch der Dämmerung ein Fahrverbot angezeigt sei. Bei der Klägerin bestehe Myopie und Astigmatismus.

Aufgrund dieser fachärztlichen Befunde kam die Abteilung Gesundheitswesen des Beklagten in ihrem ärztlichen Gutachten vom 15. September 2000 zu dem Ergebnis, dass nach diesen fachärztlichen Befunden eine Gesundheitsstörung vorliege, die für die Eignung erheblich sei. Es bestehe eine Herzerkrankung, die ein erhebliches gesundheitliches Risiko darstelle, da es zu einem plötzlichen körperlichen Leistungszusammenbruch infolge vorübergehender Mangeldurchblutung des Gehirns kommen könne. Nach Nr. 3.4.5 der Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahreignung liege keine Fahrtauglichkeit vor.

Nach vorheriger Anhörung der Klägerin entzog ihr der Beklagte mit Bescheid vom 27. September 2000 unter Anordnung des Sofortvollzuges die Fahrerlaubnis der Klasse 3 und führte zur Begründung aus, dass die Abteilung Gesundheitswesen mit Schreiben vom 15. September 2000 mitgeteilt habe, dass bei der Klägerin aufgrund der eingeholten fachärztlichen Untersuchungsbefunde eine Gesundheitsstörung vorliege, die für die Kraftfahreignung erheblich sei. Es bestehe eine Herzerkrankung, die ein erhebliches Risiko darstelle, da es zu einem plötzlichen körperlichen Leistungszusammenbruch infolge vorübergehender Mangeldurchblutung des Gehirns kommen könne. Nach Nr. 3.4.5 der Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahreignung liege keine Fahrtauglichkeit vor.

Die Klägerin erhob mit Schreiben vom 2. Oktober 2000 Widerspruch und führte aus, sie sei im Vollbesitz ihrer geistigen und körperlichen Fähigkeiten und erledige ihre täglichen Arbeiten selbst. Ihrer Auffassung nach treffe sie an den vorgeworfenen Unfällen kein Verschulden; Diesem Widerspruch fügte sie ein ärztliches Attest ihres Hausarztes vom 26. September 2000 bei. Darin führt der Hausarzt aus, dass nach seiner Einschätzung die Klägerin fahrtüchtig sei.

Mit Widerspruchsbescheid des Kreisrechtsausschusses des Beklagten vom 14. Dezember 2000 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass aufgrund der Schilderungen der Polizeiinspektion die Vorlage eines amtsärztlichen Gutachtens gefordert worden sei. Ob diese Forderung rechtmäßig gewesen sei, könne dahinstehen, da die Verwertbarkeit eines Gutachtens regelmäßig nicht von der Rechtmäßigkeit der behördlichen Anordnung abhänge. Vielmehr stelle die Aussage in der

amtsärztlichen Stellungnahme eine neue Tatsache dar, die selbständig verwertbar sei. Dieses amtsärztliche Gutachten komme unter Einbeziehung zweier fachärztlicher Gutachten zudem Ergebnis, dass aufgrund einer Herzerkrankung es bei der Klägerin infolge vorübergehender Mangeldurchblutung des Gehirns zu einem plötzlichen körperlichen Leistungszusammenbruch kommen könne und die Fahreignung daher nicht gegeben sei. Der Kreisrechtsausschuss habe anlässlich der mündlichen Verhandlung selbst einen Eindruck von der Klägerin gewinnen können, infolgedessen er nicht verkenne, dass diese trotz ihres fortgeschrittenen Alters noch rüstig und geistig voll auf der Höhe sei. Dennoch habe der Kreisrechtsausschuss keine berechtigten Zweifel an der amtsärztlichen Aussage, die Herzerkrankung sei aufgrund der möglichen Folgeerscheinungen eignungsausschließend. Die Entziehungsverfügung erweise sich daher als rechtmäßig. Der Widerspruchsbescheid wurde der Klägerin am B. Februar 2001 zugestellt.

Die Klägerin hat am 5. März 2001 Klage erhoben. Sie wiederholt im Wesentlichen ihren bisherigen Vortrag. Des Weiteren legte sie ein Attest ihres Hausarztes vom 23. Februar 2001 vor. Darin führt dieser aus, dass bei der Klägerin folgende Erkrankungen vorliegen: Koronare Herzkrankheit (125.9); Herzinfarkt (I21.9/Z); Hypertonus (110). Eine Fahruntüchtigkeit lasse sich bei der auch im vorliegenden Urteil ausgesprochenen Rüstigkeit der Patientin nicht erkennen. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung führte die Klägerin noch aus, dass dem Gesundheitsamt sämtliche medizinischen Unterlagen, insbesondere ihres Hausarztes, vorgelegen hätten. Seit 1988 nehme sie täglich zwei Tabletten ein, eine zur Blutverdünnung und eine für das Herz.

Die Klägerin beantragt, den Bescheid vom 27. September 2000 und den Widerspruchsbescheid vom 14. Dezember 2000 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Zur Begründung bezieht er sich auf die angefochtenen Bescheide.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Beteiligten zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze sowie die Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen. Diese. Unterlagen lagen der Kammer vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Des Weiteren wird auf das Sitzungsprotokoll vom 18. Juni 2001 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, jedoch unbegründet. Die Beklagte hat der Klägerin die Fahrerlaubnis zu Recht entzogen.

Rechtsgrundlage für die Entziehung der Fahrerlaubnis ist § 3 Abs. 1 Satz 1 Straßenverkehrsgesetz - StVG - i.V.m. § 46 Abs. 1 Fahrerlaubnis-Verordnung - FeV - (BGBl. I 1998, S. 2214 ff.). Nach § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Dies gilt nach § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV insbesondere dann, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 vorliegen und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist. Nach Nr. 4.1 der Anlage 4 zu den §§ 11, 13 und 14 FeV besteht bei Herzrhythmusstörungen mit anfallsweiser Bewusstseinstrübung oder Bewusstlosigkeit keine Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen.

Vorliegend kommt das amtsärztliche Gutachten vom 15. September 2000 unter Berücksichtigung der eingeholten fachärztlichen Befunde zu dem Ergebnis, dass bei der Klägerin eine Herzerkrankung besteht, die ein erhebliches gesundheitliches Risiko darstellt, da es zu einem plötzlichen körperlichen Leistungszusammenbruch infolge vorübergehender Mangeldurchblutung des Gehirns kommen kann, weshalb keine Fahrtauglichkeit vorliege.

Dieses amtsärztliche Gutachten holte der Beklagte zu Recht gemäß 5§ 46 Abs. 3 i.V.m. 11 Abs. 2 FeV ein, da aufgrund der Mitteilung der Polizeiinspektion lag» dem Beklagten Tatsachen bekannt wurden, die Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung der Klägerin zum Führen von Kraftfahrzeugen begründeten.

Dieses Gutachten basiert auf umfassender Kenntnis des Gesundheitszustandes der Klägerin. Nach Angaben der Klägerin im Rahmen der mündlichen Verhandlung lagen dem Gesundheitsamt sämtliche medizinischen Unterlagen, insbesondere auch ihres Hausarztes, vor. Dass in diesem amtsärztlichen Gutachten vom 15-. September 2000 noch auf die Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahreignung, womit das Gutachten des Gemeinsamen Beirates für Verkehrsmedizin beim Bundesminister für Verkehr und beim Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit "Krankheit und Kraftverkehr" aus dem Jahre 1985 gemeint ist, verwiesen wird und nicht auf die auch schon im Zeitpunkt des Ergehens der angefochtenen Bescheide geltende Anlage 4 zu 55 11, 13 und 14 FeV, ist hier für die Verwertbarkeit des Gutachtens unbeachtlich. Die in diesem Gutachten "Krankheit und Kraftverkehr" als Entscheidungshilfe für die Frage der Eignung zum Führen von. Kraftfahrzeugen enthaltenen Erkenntnisse entsprechen der nunmehr in der Anlage 4 zu §§ 11, 13 und 14 FeV enthaltenen Aufstellung der häufiger vorkommenden Erkrankungen und Mängel, die die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen längere Zeit beeinträchtigen oder aufheben können.

Im Übrigen stellt das amtsärztliche Gutachten vom 15.. September 2000, welches unter Berücksichtigung der eingeholten fachärztlichen Befunde erstellt wurde, eine neue Tatsache dar, die selbständig verwertbar ist.

Das von der Klägerin im Widerspruchsverfahren vorgelegte ärztliche Attest ihres Hausarztes, dem Facharzt für Allgemeinmedizin , vom 26. September 2000, in welchem dieser wörtlich attestiert "Nach meiner Einschätzung ist Frau fahrtüchtig", ist nicht geeignet, das Ergebnis des amtsärztlichen Gutachtens vom 15. September 2000 in Frage zu stellen. In diesem Attest des Hausarztes wird diese Einschätzung nicht weiter erläutert. Auch das von der Klägerin im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens vorgelegte Attest ihres Hausarztes vom 23.Februar 2001 führt ebenfalls zu keinem anderen Ergebnis. Ungeachtet dessen, dass es vorliegend für die Frage der Eignung der Klägerin zum Führen von Kraftfahrzeugen auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Ergehens des Widerspruchsbescheides vom 14. Dezember 2000 ankommt, mithin das erst im gerichtlichen Verfahren vorgelegte hausärztliche Attest vom 23. Februar 2001 nicht zu berücksichtigen ist, ergibt sich jedoch auch aus diesem Attest keine andere Beurteilung. In diesem Attest ist

Ausgeführt, dass bei der Klägerin eine koronare Herzkrankheit, Herzinfarkt sowie Hypertonus vorliegen und eine Fahruntüchtigkeit sich bei der Rüstigkeit der Klägerin nicht erkennen lasse.

Auch in diesem Attest ist aber nicht erläutert, aufgrund welcher Tatsachen der Hausarzt die Klägerin für fahrtüchtig hält.

In beiden Attesten des Hausarztes ist auch nicht dargelegt, wie die Herzerkrankung der Klägerin behandelt wird, ob z.B. inregelmäßigen Abständen Langzeit-EKG's erfolgen oder Ähnliches.

Die von der Klägerin vorgelegten ärztlichen Atteste waren daher nicht geeignet, das sich auf die fachärztlichen Untersuchungsbefunde vom 24. August 2000 und 10. August 2000 stützende amtsärztliche Gutachten vom 15. September 2000 zu entkräften. Auch der Vortrag der Klägerin im Rahmen der mündlichen Verhandlung führt zu keiner anderen Entscheidung. So gab die Klägerin an, sie nehme seit 1988 täglich lediglich zwei Tabletten ein, nämlich eine zur Blutverdünnung und eine für das Herz. Sonstige nähere Angaben über die Behandlung der bei ihr bestehenden Herzerkrankung machte die Klägerin nicht.

Auch bedarf es hier keiner Klärung, ob die Klägerin in der Vergangenheit einen Schlaganfall erlitten oder - wie sie im Rahmen der mündlichen Verhandlung vortrug - an Beschwerden der Halswirbelsäule leidet. Jedenfalls steht aufgrund des amtsärztlichen Gutachtens vom 15. September 2000 fest, dass die Klägerin unabhängig von ihrem Alter wegen der bei ihr bestehenden Herzerkrankung zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist.

Nach alledem war die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO.

B e s c h l u s s

Der Streitwert wird gemäß § 13 Abs. 1 GKG auf 8.000,- DM festgesetzt.

Rechtsmittelbelehrung

Die Festsetzung des Streitwertes kann nach Maßgabe des § 5 Abs. 3 GKG mit der Beschwerde angefochten werden

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