Örtliche Zuständigkeit der Fahrerlaubnisbehörde be
Örtliche Zuständigkeit der Fahrerlaubnisbehörde bei Wohnungswechsel
VGH München
Datum: 20.02.2007
Aktenzeichen: 11 CS 06.2029
Beschluss
I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.750,- € festgesetzt.
Gründe
I.
Der am 7. April 1977 geborene Antragsteller wendet sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit der Entziehung seiner Fahrerlaubnis der Klassen B, BE, C1, C1E, L, M und S.
Mit seit 8. Februar 2005 rechtskräftigem Strafbefehl war er wegen einer Trunkenheitsfahrt mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,28 Promille am 18. November 2004 nach 316, 69, 69a StGB zu einer Geldstrafe verurteilt und ihm unter Setzung einer Sperrfrist für die Wiedererteilung die Fahrerlaubnis entzogen worden.
Aus einem Verkehrszentralregisterauszug vom 28. September 2005 geht hervor, dass der Antragsteller am 17. April und 15. August 2004 je eine mit 3 Punkten bewertete Geschwindigkeitsübertretung einmal um 34 km/h innerhalb geschlossener Ortschaft und einmal um 43 km/h außerhalb geschlossener Ortschaft begangen hat.
Am 5. Januar 2006 wurde dem Antragsteller nach Ablauf der im Strafbefehl wegen der Trunkenheitsfahrt festgesetzten Sperrfrist die Fahrerlaubnis wiedererteilt.
Mit seit 3. April 2006 rechtskräftigem Strafurteil verurteilte das Amtsgericht Passau den Antragsteller wegen gefährlicher Körperverletzung zu 9 Monaten Freiheitsstrafe, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Aus der Sachverhaltsschilderung des ermittelnden Polizeibeamten (Bl. 31 ff. der Fahrerlaubnisakte), der Zeugenaussage eines der Geschädigten (Bl. 57 f. der Fahrerlaubnisakte) sowie aus den Gründen des Strafurteils (Bl. 51 ff. der Fahrerlaubnisakte), auf die jeweils Bezug genommen wird, gehen die Tatumstände im einzelnen hervor.
Unter dem 28. April 2006 forderte die Fahrerlaubnisbehörde den Antragsteller unter Verweis auf die Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung und unter Erwähnung auch der Trunkenheitsfahrt, mit Hinweis auf 11 Abs. 8 FeV wegen bestehender Eignungszweifel auf, nach 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV bis zum 23. Juni 2006 ein medizinisch-psychologisches Fahreignungsgutachten beizubringen. Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 10. Mai 2006 trug der Antragsteller vor, die Aufforderung sei nach seiner Auffassung nicht rechtens. Er bitte daher, diese zurückzunehmen. Mit Schreiben vom 15. Mai 2006 wurde er nochmals auf die drohende Fahrerlaubnisentziehung hingewiesen.
Laut der bei den Behördenakten befindlichen Meldebescheinigung hat der bis dahin in Bad Griesbach im Landkreis Passau wohnhafte Antragsteller am 22. Mai 2006 seinen einzigen Wohnsitz in Dingolfing angemeldet. Dies teilte sein Bevollmächtigter dem Landratsamt Passau mit Schriftsatz vom 24. Mai 2006, dort eingegangen am 29. Mai 2006, mit. Laut Aktenvermerk des Landratsamtes Passau und Schreiben des Landratsamtes Dingolfing-Landau jeweils vom 31. Mai 2006 (Bl. 76 und 77 der Fahrerlaubnisakte) hat sich das Landratsamt Dingolfing-Landau mit der Fahrerlaubnisentziehung durch das Landratsamt Passau einverstanden erklärt
Mit Bescheid vom 1. Juni 2006, dem Antragsteller zugestellt am 7. Juni 2006, entzog das Landratsamt Passau dem Antragsteller in sofort vollziehbarer Weise die Fahrerlaubnis und ordnete die unverzügliche Abgabe des Führerscheins an.
Der Widerspruch hiergegen ging am 13. Juni 2006 bei dem Landratsamt Passau, der Antrag nach 80 Abs. 5 VwGO am gleichen Tag bei dem Verwaltungsgericht Regensburg ein.
Über den Widerspruch wurde nach Aktenlage noch nicht entschieden, den Antrag nach 80 Abs. 5 VwGO lehnte das Verwaltungsgericht mit am 19. Juli 2006 zugestelltem Beschluss vom 14. Juli 2006, auf den Bezug genommen wird, ab.
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg wurde mit am 8. August 2006 bei dem Verwaltungsgerichtshof eingegangenem Schriftsatz insbesondere damit begründet, der Bescheid vom 1. Juni 2006 sei schon formell rechtswidrig, weil die fehlende Zuständigkeit des Landratsamtes Passau zu seinem Erlass entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht nach Art. 46 BayVwVfG habe geheilt werden können. Auch aus materiellen Gründen sei die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Regensburg zu beanstanden. Der Antragsgegner sei in nicht vertretbarer Weise zu dem Ergebnis gelangt, die Begutachtung des Antragstellers zu verlangen. Die behördlichen Erwägungen hierzu zeigten einen Ermessensfehlgebrauch.
Der Antragsgegner äußerte sich mit Schriftsatz vom 26. Oktober 2006 und beantragte,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten sowie wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie auf die beigezogene Fahrerlaubnisakte des Landratsamts Passau Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde, bei deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof gemäß 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO auf die form- und fristgerecht vorgetragenen Gründe beschränkt ist, hat in der Sache keinen Erfolg, denn das Verwaltungsgericht Regensburg hat im Ergebnis zu Recht den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs und einer eventuell nachfolgenden Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 1. Juni 2006 abgelehnt.
1. In der Beschwerdebegründung wird gerügt, das Verwaltungsgericht Regensburg sei in der angefochtenen Entscheidung zu Unrecht davon ausgegangen, die fehlende örtliche Zuständigkeit des Landratsamtes Passau zum Erlass des Entziehungsbescheids sei gemäß Art. 46 BayVwVfG ein unbeachtlicher Verfahrensfehler.
Zum Zeitpunkt des Bescheidserlasses, am 1. Juni 2006, hatte der Antragsteller seinen einzigen Wohnsitz im Zuständigkeitsbereich des Landratsamtes Dingolfing-Landau, was dem Landratsamt Passau bei dem Erlass der Fahrerlaubnisentziehung nach 3 Abs. 1 StVG, 46 Abs. 1, 11 Abs. 8 FeV auch bekannt war. Das Landratsamt Passau war somit gemäß 73 Abs. 2 Satz 1 FeV nicht mehr örtlich zuständig. Darauf, ob in dieser Konstellation Art. 46 BayVwVfG eingreift, kommt es nicht entscheidungserheblich an, da schon kein Verstoß gegen Vorschriften der örtlichen Zuständigkeit im Sinne eines Verfahrensfehlers vorliegt.
Dem Verwaltungsgericht Regensburg und dem Antragstellerbevollmächtigten ist darin zuzustimmen, dass sich die örtliche Zuständigkeit des Landratsamtes Passau zum Erlass des Bescheides vom 1. Juni 2006 vorliegend nicht aus 73 Abs. 2 Satz 2 FeV ergibt. Nach dieser Bestimmung können Anträge mit Zustimmung der örtlich zuständigen Behörde von einer gleichgeordneten auswärtigen Behörde behandelt und erledigt werden. Mit der Entziehung der Fahrerlaubnis hat aber das Landratsamt keinem Antrag des Antragstellers entsprochen, sie ist vielmehr im klassischen Bereich der Eingriffsverwaltung tätig geworden, der von 73 Abs. 2 Satz 2 FeV dem klaren Wortlaut nach nicht erfasst wird.
Eine Abweichung von der grundsätzlich gemäß 73 Abs. 2 Satz 1 FeV bestehenden örtlichen Zuständigkeit der Wohnsitzbehörde war aber gemäß Art. 3 Abs. 3 BayVwVfG gerechtfertigt. Ändern sich im Lauf des Verwaltungsverfahrens die die Zuständigkeit begründenden Umstände, kann nach dieser Vorschrift die bisher zuständige Behörde das Verwaltungsverfahren fortführen, wenn dies unter Wahrung der Interessen der Beteiligten der einfachen und zweckmäßigen Durchführung des Verfahrens dient und die nunmehr zuständige Behörde zustimmt. So lag es hier, denn das Landratsamt Dingolfing-Landau hat ausweislich seiner schriftlichen Erklärung dem Bescheidserlass durch das Landratsamt Passau zugestimmt. Dass es dies irrig unter Verweis auf 73 Abs. 2 Satz 2 FeV getan hat, ist unschädlich, weil aus seiner Erklärung jedenfalls eindeutig hervorgeht, dass es damit einverstanden war, dass das Landratsamt Passau als bisher zuständige Behörde das Verfahren zunächst weiter führte. Dies diente der einfachen und zweckmäßigen Durchführung des Verfahrens, denn der Antragsteller war erst wenige Tage vor der Fahrerlaubnisentziehung umgezogen und das Landratsamt Passau hatte bis dahin das gesamte fahrerlaubnisrechtliche Verfahren geführt und kannte die Akten. Dem Erfordernis der Wahrung der Interessen der Beteiligten ist - wie im vorliegenden Fall - genügt, wenn die Geltendmachung ihrer Rechte durch die Fortführung des Verfahrens bei der ursprünglich zuständigen Behörde nicht wesentlich erschwert wird (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 9. Auflage 2005, RdNr. 50 zu der insoweit wortgleichen bundesrechtlichen Vorschrift des 3 VwVfG).
Art. 3 Abs. 3 BayVwVfG ist auch auf den vorliegenden Fall anwendbar. Insbesondere wird er nicht durch 73 Abs. 2 Satz 2 FeV verdrängt. Beide Bestimmungen haben vielmehr unterschiedliche Regelungsbereiche und -zwecke und sind deshalb nebeneinander anwendbar. 73 Abs. 2 Satz 2 FeV ermöglicht ein Abweichen von der örtlichen Zuständigkeit auf Antrag des Betroffenen und setzt nicht die Konstellation eines Zuständigkeitswechsels aufgrund Wohnsitzwechsels voraus. Die Vorschrift hat Fälle im Blick, in denen es dem ausdrücklichen Wunsch des Fahrerlaubnisinhabers bzw. seinem Bedürfnis entspricht, dass eine nach den allgemeinen Bestimmungen örtlich unzuständige Fahrerlaubnisbehörde ausnahmsweise tätig wird, die aber nicht künftig örtlich zuständig sein braucht. Anwendung findet 73 Abs. 2 Satz 2 FeV etwa in Fällen, in denen ein Führerschein unterwegs auf einer Reise verloren geht und der Betroffene umgehend und vor Ort ein Ersatzdokument benötigt und beantragt (vgl. Bouska/Laeverenz, Fahrerlaubnisrecht, 3. Auflage 2004, Anm. 4. zu 73 FeV).
Art. 3 Abs. 3 BayVwVfG hat dagegen einen ganz anderen Regelungsbereich. Er betrifft ausschließlich Fälle, in denen es einer Übergangsregelung beim Wechsel der örtlichen Zuständigkeit bedarf. In der Regel, wie auch vorliegend, sind es in dieser Konstellation Gründe der Verfahrensökonomie, die eine Weiterführung des Verfahrens durch die bisher zuständige Behörde rechtfertigen. Diese Verfahrensweise ist dem klaren Wortlaut von Art. 3 Abs. 3 BayVwVfG zufolge auch nicht auf Fälle beschränkt, in denen der Betroffene dies beantragt.
Infolge der Zustimmung des Landratsamtes Dingolfing-Landau zum Bescheidserlass durch das Landratsamt Passau war somit die Abweichung von der örtlichen Zuständigkeit nach Art. 3 Abs. 3 BayVwVfG legitimiert.
2. Ferner rügt der Antragsteller mit seiner Beschwerdebegründung, die Fahrerlaubnisbehörde habe bei der Anforderung des medizinisch-psychologischen Gutachtens ihr Ermessen fehlerhaft gebraucht. Die Körperverletzung habe nicht in Zusammenhang mit dem Straßenverkehr gestanden und bei seiner Trunkenheitsfahrt habe der Antragsteller eine Blutalkoholkonzentration von unter 1,6 Promille gehabt.
Die Anforderung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens nach 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV ist vorliegend jedoch rechtlich nicht zu beanstanden. Nach dieser Vorschrift kann die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung (medizinisch-psychologisches Gutachten) zur Klärung von Eignungszweifeln für die Zwecke nach 11 Abs. 2 FeV angeordnet werden,
bei erheblichen oder wiederholten Verstößen gegen verkehrsrechtliche Vorschriften
oder
bei Straftaten,
- die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr
- oder im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung stehen
- oder bei denen Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen.
Der Antragsteller erfüllt mit seinen Verfehlungen gleich mehrere Alternativen des 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV.
Die vom Antragsteller am 11. Juli 2005 begangene gefährliche Körperverletzung stellt nach den gesamten Tatumständen, wie sie aus der Akte hervorgehen, unzweifelhaft eine Aggressionstat im Sinne der letzten Alternativ e von 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV dar. Der Antragsteller hat hierbei unter Alkoholeinfluss, offenkundig aus geringstem Anlass und mit großer Brutalität gemeinsam mit seinem Bruder Gewalt gegen Menschen ausgeübt und diese erheblich verletzt. 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV spricht wörtlich von "Straftaten, bei denen Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen". Hierfür ist die vom Antragsteller begangene Tat geradezu exemplarisch. Ein Zusammenhang der Aggressionstat mit dem Straßenverkehr ist bereits nach dem klaren Wortlaut von 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV nicht erforderlich. Zu Recht hat somit die Fahrerlaubnisbehörde unter dem 28. April 2006 aufgrund dieser Tat die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens angeordnet.
Auch ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass sie bei dieser Anordnung die am 18. November 2004 vom Antragsteller begangene Trunkenheitsfahrt als Zusatztatsache berücksichtigt hat. Nach der Rechtsprechung des Senats gilt 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV (Alternative: "Straftaten, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr stehen") auch für strafrechtlich geahndete Trunkenheitsfahrten mit unter 1,6 Promille, erst recht, wenn - wie hier - noch weitere Aspekte dazu kommen, die Zweifel an der Fahreignung wecken (BayVGH, Urteil vom 7.5.2001, Az. 11 B 99.2527, NZV 2001, 494). Allein die Trunkenheitsfahrt mit 1,28 Promille, die nach 316, 69, 69a StGB geahndet wurde, hätte hiernach die Anordnung der Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens durch den Antragsteller rechtfertigen können. Die Fahrerlaubnisbehörde war durch den zwischenzeitlichen Ablauf der strafgerichtlich verhängten Sperrfrist für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis nicht gehindert, diese Trunkenheitsfahrt als Zusatztatsache in ihre Überlegungen im Rahmen von 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV einzubeziehen. Die strafgerichtliche Fahrerlaubnisentziehung und Sperrfristverhängung hat repressiven Sanktionscharakter, wohingegen das sicherheitsbehördliche Vorgehen bei Fahreignungszweifeln reinen Präventionscharakter hat. Die eine Maßnahme "verbraucht" somit grundsätzlich nicht die andere. Zwar hat vorliegend die Fahrerlaubnisbehörde nach Ablauf der gemäß 69, 69a StGB wegen der Trunkenheitsfahrt verhängten Sperrfrist dem Antragsteller am 5. Januar 2006 wieder eine Fahrerlaubnis erteilt. Ob sie infolgedessen ihre Gutachtensanforderung vom 28. April 2006 noch auf diese Trunkenheitsfahrt allein hätte stützen können, kann dahinstehen. Jedenfalls war die Fahrerlaubnisbehörde nicht gehindert diese Tat - wie hier geschehen - als Zusatztatsache zu berücksichtigen, nachdem die Aggressionstat als neue, Eignungszweifel begründende Tatsache bekannt geworden war. Würde man dies als unzulässig ansehen, wäre eine ungerechtfertigte Belastung Betroffener die Folge. Die Fahrerlaubnisbehörden könnten dann nämlich nicht mehr - wie beim Antragsteller geschehen - dem Betroffenen eine Chance zur Bewährung geben, sondern müssten, um sich nicht ihrer Möglichkeiten zu begeben, in jedem Fall sofort ein kostspieliges und stark in die persönliche Sphäre eingreifendes medizinisch-psychologisches Gutachten anfordern.
Lediglich ergänzend wird darauf hingewiesen, dass der Antragsteller, wie aus der Fahrerlaubnisakte ersichtlich, im Jahr 2004 laut Verkehrszentralregisterauszug auch zwei erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitungen begangen hatte (einmal um 34 km/h innerhalb geschlossener Ortschaft und einmal um 43 km/h außerhalb geschlossener Ortschaft - jeweils mit 3 Punkten bewertet). Diese Ordnungswidrigkeiten sind auch noch verwertbar, denn ihre Tilgung wird durch die Eintragung der Ahndung der Trunkenheitsfahrt (Beginn der zehnjährigen Tilgungsfrist gemäß 29 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, Abs. 4 Nr. 1 StVG mit Erlass des Strafbefehls am 18.1.2005) gemäß 29 Abs. 6 Satz 1 StVG gehindert. Hierin können wiederholte und erhebliche Verstöße gegen verkehrsrechtliche Vorschriften im Sinne der ersten Alternative von 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV gesehen werden, die auch für sich allein schon geeignet sein könnten, die Anforderung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zu rechtfertigen. So hat das OVG Niedersachsen am 21. November 2006 (NJW 2007, 313 f.) entschieden, Zweifel an der charakterlichen Eignung zum Führen eines Kraftfahrzeugs könnten sich aus der erheblichen oder wiederholten Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit ergeben. Die Fahrerlaubnisbehörde könne in einem solchen Fall gemäß 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens anordnen, auch wenn die Verkehrsverstöße mit (nur) sieben Punkten im Verkehrszentralregister eingetragen seien und deshalb Maßnahmen nach dem Punktsystem des 4 Abs. 3 StVG (noch) nicht ergriffen werden könnten.
Die Anforderung eines Gutachtens nach 11 Nr. 3 Nr. 4 FeV ist durch die Rechtsordnung nicht zwingend vorgeschrieben. Nach dem Wortlaut der Vorschrift hat die Behörde einen Ermessensspielraum ("kann"). Nach der Rechtsprechung ist die Anordnung der Beibringung eines Gutachtens kein selbständig anfechtbarer Verwaltungsakt (BVerwG vom 17.5.1994, DAR 1994, 372 f. und vom 28.6.1996, Az. 11 B 36/96). Die ausdrücklich auf Verwaltungsakte zugeschnittenen Regeln des Art 40 BayVwVfG über die Ermessensausübung sind deshalb bestenfalls entsprechend heranzuziehen (vgl. Kopp/Ramsauer, a.a.O. RdNr. 3 zur entsprechenden bundesrechtlichen Bestimmung des 40 VwVfG). Ein Ermessensfehlgebrauch durch die Fahrerlaubnisbehörde bei der Anordnung des Gutachtens ist aber nach den vorstehenden Erwägungen jedenfalls nicht festzustellen. Weitere Ermessensfehler wurden nicht gerügt.
Die Beschwerde war daher mit der Kostenfolge aus 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen.
Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus 52 Abs. 1 und 2, 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG in Verbindung mit den Empfehlungen in den Abschnitten II. 1.5 Satz 1, 46.5 und 46.8 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 7./8. Juli 2004 (NVwZ 2004, 1327 ff).